Der amerikanische Heizungsmarkt – Strukturen und Defizite – EnergyComment (2024)

Die amerikanischen Gaspreise klettern heute auf 4,9 $/MMBtu und damit auf den höchsten Stand seit fast vier Jahren (vgl. Chart). Eine erneute Kältewelle hat den Nordosten und den Mittleren Westen der USA bis nach Texas fest im Griff. Wie schon Anfang Januar ist der Wärmemarkt einer starken Belastungsprobe ausgesetzt.

Gaspreise in den USA 2009-2014

Heizungsmarkt USA

Der amerikanische Heizungsmarkt unterscheidet sich zum Teil deutlich von seinem deutschen Pendant. Das führt dazu, dass die US-Verbraucher überdurchschnittlich vom Temperatursturz betroffen sind – trotz der ständig in der Presse gefeierten Schiefergas- und Schieferölrevolution.

Zum einen ist der US-Wärmemarkt alles andere als integriert. Der hohe Heizbedarf führt im Moment zu extremen Preiskapriolen und Windfallprofits bei regionalen Gaspreisen und Strompreisen, über die wir vor kurzem berichtet hatten.

Ein zweiter Unterschied liegt in der Struktur des Heizungsmarktes. Ähnlich wie in Deutschland dominiert Erdgas als Heizungstyp. Von den 113,6 Mio. Wohnungen (EFH, Etagenwohnungen etc.) werden nach den letzten Zensusdaten 49% in erster Linie mit Erdgas beheizt, aber nur 6,1% mit Heizöl, wobei die Heizölpreise in den USA normalerweise 10-20% unter den deutschen Heizölpreisen liegen. Hinzu kommen 4,9% der Wohnungen, die mit Propan/LPG beheizt werden, 2,5% mit Holz.

Der sehr hohe Anteil der Stromheizungen als Hauptheizung (33,5% der Wohnungen) ist jedoch ein wesentlicher Unterschied zum deutschen Wärmemarkt.

Die folgende Karte zeigt, welche Heizungsarten in welchen Regionen der USA eingesetzt werden. Landesweit dominieren Erdgas- und Stromheizungen: Gas im kalten Norden, Strom mit Marktanteilen über 50% im warmen Süden. Heizöl spielt nur im Nordosten eine große Rolle. Propan und Holz werden überall eingesetzt, haben aber nur geringe Marktanteile.

Heizungstypen in den USA nach Region

Betrachtet man nicht die Zahl der Hauptheizungen, sondern die Menge der bereitgestellten Raumwärme, verschieben sich natürlich die Gewichte im Markt. Jetzt hat Erdgas einen Anteil von 70%, gefolgt von Heizöl mit 12% und Strom mit 10%. Der Rest ist zum größten Teil Propan.Betrachtet man das gesamte Raumklima, also Wärme und Kühlung, schrumpft der Anteil von Erdgas auf 61%, während Strom mit 21,5% einen erheblichen Marktanteil besitzt.

Wärmemarkt USA

Da die aktuelle Kältewelle bis weit in den Süden der USA vordringt, kommen hier nun v.a. Stromheizungen zum Einsatz, die als kombinierte Klimaanlagen mit der Hauptfunktion Kühlung und der Nebenfunktion Heizung ausgestattet sind. Sie sind technisch und baulich nicht optimiert, um niedrige Außentemperaturen zu kompensieren und verbrauchen unverhältnismäßig viel Strom. Die Strompreise wiederum steigen wegen der angespannten regionalen Versorgungslage steil an: Eine doppelte Belastung für die Privathaushalte.

Die amerikanischen Haushalte sind also auf ungewöhliche Wetterlagen schlecht vorbereitet: Die logistische Abschottung regionaler Märkte (z.B. Nordosten) führt zu Extrempreisen, während andere Regionen (Süden, Midwest) technologisch auf Temperaturstürze nicht vorbereitet sind.

Technologischer Nachholbedarf

Nicht nur im Süden, auch in den kälteren Regionen gibt es technologischen Modernisierungsbedarf im Heizungsmarkt, ähnlich wie in Deutschland. Die Gasbrenner (die in den meisten Fällen mit Warmluft als Medium arbeiten; also nicht mit Wasser wie in Deutschland) sind technisch oftmals veraltet. Noch immer gilt ein Standard aus dem Jahr 1992, da schärfere Normen immer wieder gerichtlich blockiert wurden. Der geltende Standard schreibt eine Effizienz (lt. AFUE) von 78% vor.

Ein Konsenspapier mit Heizungsherstellern aus dem Jahr 2010 (Abkommen)sieht regional unterschiedliche Standards vor, denn die Anforderungen sind im kalten Nordosten der USA andere als im heißen Süden, wo eher das Air Conditioning (Kühlung) im Vordergrund steht. Das Energieministerium wollte diese flexiblen Standards im Mai 2013 in Kraft treten lassen: 90% Heizeffizienz in den kalten Bundesstaaten, 80% im Rest der USA. Doch im letzten Moment gelang es einer Koalition aus Gasversorgern und Heizungshändlern, die neuen Regeln gerichtlich zu stoppen.

In der Praxis setzen sich effizientere Heizungen deshalb nur allmählich durch. So erreichten nur 35% der verkauften Gasheizungen im Jahr 2012 eine Effizienz von über 90% durch den Einsatz moderner Brennwerttechnik, die auch die Kondenswärme nutzen. Ein neuer verbindlicher Standard ist in den nächsten Jahren nicht in Sicht.

Rolle der Raumwärme im Gebäudesektor der USA

Im Laufe der Jahrzehnte sank der Anteil der Raumwärme (inkl. A/C) am Energieverbrauch der Privathaushalte. Die aktuellsten verfügbaren Daten (2009) zeigen einen Anteil von 41,5% für die Raumwärme. Das liegt deutlich unter den 53,1% im Jahr 1993. Air Conditioning (Kühlung) konnte seinen Anteil hingegen von 4,6% (1993) auf 6,2% (2009) ausweiten, während der Anteil des Warmwassers bei 18% verharrte. Der Rest wird für elektrische Geräte und Licht verwendet.

Die Gründe dafür liegen zum einen in der Modernisierung der Heizungen und der bessseren Dämmung der Gebäude und Fenster. Ein amerikanischer Sonderfaktor ist der steigende Anteil der Bevölkerung, der in den warmen Bundesstaaten lebt. Dort stehen mittlerweile 53% der neuen Wohngebäude, die nach dem Jahr 2000 errichtet wurden.

USA: Energieverbrauch in Privathaushalten 1993 und 2009

Viele Effizienzgewinne werden allerdings durch den höheren Wohlstand und Rebound-Effekte zunichte gemacht. Neue Wohneinheiten (nach 2000 gebaut) sind zwar weitaus moderner und effizienter, aber da sie im Schnitt 30% größer sind, liegt ihr Energiebedarf 2% höher – ein aus deutscher Sicht enttäuschender Wert, der jedoch in den USA als Erfolg verbucht wird. Zum Mehrverbrauch trägt neben der größeren Wohnfläche der starke Einsatz von Air Conditioning und eine größere Anzahl elektrischer Geräte bei, während der Bedarf an Heizenergie je Quadratmeter deutlich geringer ist.

USA: Höherer Energieverbrauch in Neubauten

Trotz des höheren Anteils an Neubauten, derzeit niedriger Gaspreise und klimatischer Vorteile sehen sich die USA also im Wärmemarkt großen Herausforderungen gegenüber: Regionale Wärmepreise können aufgrund von Defiziten in der Marktintegration innerhalb kürzester Zeit um über 100% steigen. Viele Heizungen sind technisch veraltet. Und der Süden des Landes ist auf extreme Wetterlagen heizungstechnisch nicht vorbereitet.

Der amerikanische Heizungsmarkt – Strukturen und Defizite – EnergyComment (2024)
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