Als Quereinsteiger Lehrer /-in werden: Das musst du wissen! (2024)

Quereinsteiger /-in sind nicht gleich Seiteneinsteiger /-in

Als Quereinsteiger /-in bezeichnet man diejenigen, die zwar kein Lehramt studiert, aber trotzdem ein Referendariat absolviert haben. Diejenigen, die wederein Studiumnoch einen Vorbereitungsdienstvorweisen können, geltendagegen als Seiteneinsteiger oder Seiteneinsteigerinnen. Somit sind Seiteneinstieg und Quereinstieg nicht miteinandergleichzustellen. In der Praxis ist der Seiteneinstieg allerdings eher unüblich oder nur für befristete Stellen und Vertretungstätigkeiten möglich. Anstelle des Referendariates musst du beimSeiteneinstiegeine einjährige pädagogische Einführung in einem Fach absolvieren. Wenn du diese Einführung absolviert hast, kannst du das jeweilige Fach beispielsweise an einer Grundschule unterrichten. Eine pädagogische Ausbildung als Seiteneinsteiger/-in ist auch berufsbegleitend möglich. Der Seiteneinsteiger oder die Seiteneinsteigerin wird von der Schule bereits eingestellt und besucht nach oder vor den Unterrichtsstunden Seminare im pädagogischen und didaktischen Bereich. Dies ist allerdings nicht in allen Bundesländern möglich.

Quereinsteiger /-innen sparen sich das erste Staatsexamen

Quereinsteiger /-innen können das erste Staatsexamen überspringen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie können ein Masterstudiumin einem Mangelfach nachgeweisen. In welchen Fächern besonders stark nach Lehrern gesucht wird, hängt von Bundesland und Schulform ab. An den weiterführenden Schulen sind oft Fachkräfte in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) gefragt. Besonders beliebt ist der Quereinstieg als Berufsschullehrer.An den berufsbildenden Schulen ist das Angebot meist größer.
  • Sie müssen Kenntnisse in einem zweiten Fach in ausreichendem Umfang nachgewiesen werden – dafür können zum Beispiel ein Bachelorabschluss oder eine Zwischenprüfung in einem bestimmten Fachbereich genügen.
  • Ein zusätzliches Aufnahmekriterium ist meist auch eine mehrjährige Berufstätigkeit in dem jeweiligen Fachbereich.

Generell gilt aber: Jedes Bundesland setzt die Standards für die Bewerbung selbst fest, die Anforderungen an die Bewerber und Bewerberinnen können deshalb variieren.

Können all diese Qualifikationen nachgewiesen werden, geht es für die Quereinsteiger /-innen direkt in den Vorbereitungsdienst, der in der Regel 18 bis 24 Monate in Anspruch nimmt. Neben Einblicken in den Lehreralltag und ersten praktischen Erfahrungen werden die angehenden Lehrkräfte an speziellen Ausbildungszentren auch im Umgang mit Schülern und Schülerinnen, der Notengebung und der Unterrichtsgestaltung geschult. Diese Phase schließt dann regulär mit der Prüfung zum zweiten Staatsexamen ab.

Als Quereinsteiger/-in Lehrer /-in werden: Tipps vomExperten Marc Böhmann

Marc Böhmann ist Diplom-Pädagoge, Ratgeber-Autor (s. Buch-Tipp) und selbst Lehrkraftan einer Gemeinschaftsschule.

UNICUM: Wie ist die Stimmung im Lehrerzimmer? Werden Quereinsteiger schief angeguckt oder sogar ausgegrenzt, weil sie gar keine "echten" Lehrer sind?
Marc Böhmann: Die neuen Kolleginnen und Kollegen werden in den allermeisten Lehrerzimmern als Bereicherung empfunden. Natürlich gibt es auch Ausreißer nach unten, also dass dem Quereinsteiger das Gefühl vermittelt wird, ein Kollege zweiter Klasse zu sein. Zuweilen wissen auch im Lehrerzimmer nicht alle, dass der neue Kollege ein Quereinsteiger ist. Das hat dann manchmal Vor- und Nachteile.

Ganz sicher spielt beim Integrationsprozess der Quereinsteiger in die Kollegien die jeweilige Schulleitung eine zentrale Rolle. Wenn die Direktorin ihrem Kollegium wertschätzend vermittelt, dass der neue Kollege mit der etwas abweichenden Berufsbiographie ein rundum vollständiger Lehrer ist, klappt es in aller Regel gut.

Und wie reagieren die Schüler erfahrungsgemäß?
Die Schüler freuen sich in aller Regel auf die Lehrer, die außer Schule und Uni noch etwas Anderes vom Leben kennen gelernt haben. Viele Quereinsteiger berichten, dass die Schüler, vor allem diejenigen aus den höheren Klassen, gerade in den ersten Wochen der gemeinsamen Arbeit vieles über den Berufsweg des neuen Lehrers wissen wollen. Andererseits besteht hier für die Kollegen, die als Quereinsteiger in den Beruf starten, auch das Risiko, dass die Schüler die fehlende Erfahrung und mitunter die fehlende Kaltschnäuzigkeit und Abgeklärtheit ausnutzen und dem Kollegen das Leben ziemlich schwer machen. Aber das passiert natürlich auch oft den "normalen" Berufseinsteigern.

Wie kann ich herausfinden, ob der Lehrerberuf wirklich das Richtige für mich ist?
Das ist eine ganz schwierige Frage. Letztlich muss jeder seinen eigenen Weg gehen und die eigene Entscheidung treffen. Natürlich sind einerseits Schulpraktika und Hospitationen sehr hilfreich, wenn man überprüfen möchte, ob der Lehrerberuf für einen passen könnte. Die Herausforderung des Lehrerberufs bewegt sich ja nur zum Teil auf der fachlichen Ebene. Letztlich ist man unglaublich als ganze Person, als Mensch mit Stärken und Schwächen, gefragt. Bei allem, was man tut, muss man bilden und erziehen, man hat es mit fleißigen und faulen, freundlichen und unfreundlichen, hochbegabten und schwer lernenden Kindern und Jugendlichen zu tun. Das sollte einem bewusst sein.

Ich denke, wenn man wirkliches Interesse an Kindern bzw. Jugendlichen hat, wenn man sich gut organisieren kann, teamfähig ist, eine realistische Selbstwahrnehmung hat, wenn man sich für Themen begeistern kann, dann sind das schon einmal gute Voraussetzungen. Wer als Quereinsteiger lediglich deshalb in den Lehrerberuf gehen will, weil es da vermeintlich viele Ferien gibt und man einen sicheren Job hat, wird aller Voraussicht nach weder selbst glücklich in diesem Beruf werden, noch eine Wohltat für die Zielgruppe der unterrichtlichen Bemühungen sein.

Wann ist der geeignete Zeitpunkt für einen Wechsel?
Das kann man leider nicht so pauschal sagen. Dazu sind die Regelungen der einzelnen Bundesländer bezüglich des Quereinstiegs zu wechselhaft und auch zu unterschiedlich. In jedem Jahr, teilweise in jedem Halbjahr, ändern sich die Voraussetzungen, die gefragten Fächer, die Ausbildungswege oder die Qualifikationshürden. Insgesamt kann man aber sagen: Wer sich, bei einem abgeschlossenen Hochschulstudium, früher für einen Quereinstieg in den Lehrerberuf entscheidet, hat oft Vorteile vor denen, die sich später entscheiden. Das hat in vielen Bundesländern auch beamtenrechtliche Gründe.

Wie hoch ist die Arbeitsbelastung, die mit dem Quereinstieg einhergeht?
In den meisten Fällen ist sie sehr hoch. Und viel höher, als die Quereinsteiger vermutet haben. Unterricht methodenreich und zielorientiert zu planen und durchzuführen, Hefte durchzusehen, Klassenarbeiten zu konzipieren, Klausuren zu korrigieren – all das kostet für Ungeübte unglaublich viel Zeit. Und viel Energie. Und dann kommen weitere Arbeitsbereiche hinzu, die man als Quereinsteiger zuerst gar nicht so im Blick hat: Konferenzen, zeitraubende Elterngespräche, vielfältige Kooperationen im Lehrerteam, oft auch Schulentwicklungsarbeit sind für viele Quereinsteiger weitere Belastungsfaktoren. Deshalb wäre meine Empfehlung, als Quereinsteiger, sofern das möglich ist, mit einem Teildeputat zu beginnen.

Welche großen Fettnäpfchen lauern beim Berufseinstieg auf die Quereinsteiger?
Zum einen wäre es total deplaziert, den anderen Kollegen zu vermitteln, dass sie keine Ahnung vom wirklichen Leben da draußen haben. Das kommt ganz schlecht. Das zweite Fettnäpfchen erscheint mir, schul- und dienstrechtliche Fragen als Nebensache zu behandeln. Das ist ein Bereich, den viele Quereinsteiger unterschätzen. Und drittens würde ich raten, einen sehr zugewandten und freundlichen, aber auch distanzierten Umgang mit den Schülern von Anfang an zu pflegen. Der Quereinsteiger, der als lockerer Kumpel-Typ versucht, die eigenen Unsicherheiten und Belastungen zu überdecken, tut sich oft keinen Gefallen. Die Schüler haben einen untrüglichen Blick für Pauker, die sich anbiedern.

Quereinsteiger /-innen sollen Lehrermangel ausgleichen

Auch in diesem Jahr zeigt sich wiederdeutlich: Deutschland hat zu wenig Lehrer und Lehrerinnen.Vor allem in Baden-Württemberg, Bayern und NRW mangeltesan Lehrkräften.Bundesweit fehlen laut Lehrerverband bis zu 40.000 Lehrkräfte. Diese Stellen müssen dann oft anders besetzt werden – und zwar mit Menschen, die gar keine Lehrerausbildung haben: Vieleder neuen Lehrkräfte sindQuereinsteiger /-innen.

Als Quereinsteiger Lehrer /-in werden im Überblick:

  • Als Quereinsteiger /-in werden Lehrer und Lehrerinnen bezeichnet, die kein Lehramtsstudium haben, aber trotzdem ein Referendariat absolviert haben.
  • Seiteneinsteiger /-innen haben weder Referendariat noch Lehramtstudium.
  • Die klassische Lehrerausbildung führt über ein Lehramtstudium und dem ersten Staatsexamen, über ein Referendariat zum zweiten Staatsexamen.
  • Auch als Quereinsteiger /-in kann man nach dem Bestehen des zweiten Staatsexamens verbeamtet werden.
  • In Deutschland gab es zum Schulbeginn 2022/2023bis zu 40.000 freie Lehrerstellen.

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Hier findest du weitere Informationen rund um den Lehrerberuf.

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Author: Ray Christiansen

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